Rede zum Haushalt 2019

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

ich stehe hier, um über den Haushalt zu reden und nicht um den Pulitzer-Preis zu erhalten. Das überlasse ich dem folgenden Redner, der in seiner letzten Haushaltsrede öfter „Pro Coesfeld“ erwähnte als den Begriff „Haushalt“. Für uns gibt es andere Schwerpunkte.

Zunächst sprechen wir unseren Dank aus an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, die täglich ihre Serviceleistung für unsere Bürger erbringen. Als ehemaliger Verwaltungsbeamter weiß ich, was es heißt, mit ständiger Arbeitsverdichtung zu leben oder gemeinsam im Team z. B. einen langfristig erkrankten Kollegen zu ersetzen.

Unser Dank gebührt aber auch den unzähligen Ehrenamtlichen in dieser Stadt sowie allen aktiven Bürgern, die sich um das Gemeinwohl der Stadt verdient machen. Beispielsweise die Frauen und Männer der freiwilligen Feuerwehr. Ohne diese zahlreichen Ehrenamtlichen gäbe es keine Sondergenehmigung für die Stadt Coesfeld, die ansonsten mehr hauptberufliche Feuerwehrleute beschäftigen müsste und entsprechend höhere Personalkosten hätte.

Stellvertretend für eine weitere umfangreiche und wertvolle ehrenamtliche Arbeit sei auch die Flüchtlingsinitiative Coesfeld genannt, die mittlerweile an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit im Bereich der Integration von Flüchtlingen mit Bleibeperspektive gestoßen ist. Hier gilt es seitens der Stadt, das Ehrenamt gebührend zu unterstützen und die Bereitschaft zu honorieren, immer im Bewusstsein die Konsequenzen vor Augen zu haben, wenn dieses Ehrenamt nicht mehr wie bisher aufgeführt werden kann.

Kommen wir zum vorliegenden Haushaltsentwurf:

Die geplanten Investitionen am Schulzentrum und an den anderen Schulen werfen ihre Schatten voraus. Pro Coesfeld begrüßt die längst fällig werdenden Investitionen, warnt aber im Vorfeld davor im weiteren Verlauf der Planungen nur auf die Kosten und nicht auf den Bildungsauftrag zu achten.

Der gemeinsame Antrag von CDU, Pro Coesfeld, SPD und Aktiv für Coesfeld über den flächendeckenden Glasfaserausbau in Coesfeld war ein richtiger und wichtiger Schritt in die Zukunft einer modernen Dateninfrastruktur für Coesfeld.

Wir unterstützen den Stellenplan, fragen uns aber, ob wirklich genug Personal vorhanden ist, um die Formalziele einer Stadtverwaltung zu erreichen. Formalziele wie z. B. stetige Aufgabenerfüllung, Mitarbeiterfreundlichkeit, Bürgerfreundlichkeit. Nicht wenige Beschlussvorlagen aus dem Ausschuss Umwelt, Planen und Bauen, weisen auf Engpässe bei der Personalkapazität hin. Einen besseren Beweis des Zusammenspiels zwischen dem Formalziel Mitarbeiterfreundlichkeit und Bürgerfreundlichkeit kann es nicht geben. 27 Projekte der Bauleitplanung, darunter 8 Projekte aufgrund privater Anträge können wegen fehlenden Personals nicht realisiert werden. Hier ist der Bürger unmittelbar betroffen.

Der Krankenstand der Mitarbeiter in der Stadtverwaltung liegt nach wie vor bei 5,5 % und damit über dem Landes- und Bundesschnitt der AOK. Wir können nur hoffen, dass ein funktionierendes Personalentwicklungskonzept vorliegt und dieser Prozentsatz deutlich reduziert wird. Uns liegt an der Arbeitszufriedenheit der städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Reichen die bisher aufgezeichneten Aspekte für eine Zustimmung des vorliegenden Haushaltsplans? Ich höre jetzt schon wieder die kritischen Stimmen, die da sagen, dass Pro Coesfeld viele Beschlüsse mitgetragen hat. Na und? – Daraus automatisch eine Zustimmung abzuleiten ist zu kurz gedacht. Es ist ein Abwägungsprozess, der sich nicht nur auf das vorliegende Zahlenwerk konzentrieren darf, sondern auch Hintergründe kritisch zu beleuchten hat.

Der Haushalt zeigt nach wie vor keine Nachhaltigkeit. Es muss die Frage erlaubt sein, warum in Jahren sprudelnder Steuereinnahmen keine ausgeglichenen Haushalte präsentiert werden können? Nun ja, dann und wann wird aus einem Defizit nach dem Jahresabschluss ein Plus, aber wohl nur, weil Maßnahmen nicht durchgeführt und ins nächste Jahr übertragen werden. Ist die langfristige Haushaltsplanung schon darauf vorbereitet, dass nach den immensen Investitionen am Schulzentrum, ausgehend von einer 60jährigen Nutzungsdauer, ca. 660.000 € Abschreibung jährlich in der Ergebnisrechnung aufgefangen werden müssen?

Einen Konsolidierungskurs fährt der vorgestellte Haushaltsentwurf ebenfalls nicht, wie auch, wenn die Aufwendungen um 4 % steigen und die Einnahmen nur um ca. 2 %? Das ganze Szenario der letzten Jahre scheint auf einen großen Break nach 2020 ausgerichtet zu sein. Bis dahin Friede, Freude, Eierkuchen? – Ich erinnere, 2020 sind Kommunal- und Bürgermeisterwahlen.

Ich komme noch einmal auf das Formalziel Bürgerfreundlichkeit zurück. Ist es bürgerfreundlich, wenn der Bürgermeister, unterstützt durch seine beiden Fan-Clubs CDU und SPD, die Aussetzung von Straßenbaubeiträgen nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) ablehnt? Es ist schon irgendwie grotesk, dass CDU und SPD in anderen NRW-Kommunen ähnlich lautende Anträge gestellt haben, aber die Coesfelder sozial-christliche Bruderschaft hier wieder Blockadepolitik betreibt.

Aber genau das ist es, liebe Bürgerinnen und Bürger, die Volksparteien üben sich in Blockadepolitik. Ob es die strategischen Steuerung mit priorisierter Zielsetzung war, der Bürgerbeteiligungshaushalt oder die schnelle Umsetzung des Bauantrags für die integrative Kindertagesstätte Haus Hall am Gerlever Weg. Als wenn nicht schon genug Zeit quasi vertrödelt wurde, pocht die GKK, also die Große Kommunal-Koalition in bekannter Eintracht auf eine zeitintensive Bauleitplanung als das Verfahren, wie von uns gefordert, zügig nach § 34 BauGB abzuwickeln. Zu Lasten des Trägers, der betroffenen Eltern und deren Kinder. Da kann man Haus Hall nur Danke sagen, für ihre Geduld und das Verständnis.

Oder noch ein sensibles Thema: Unser Bahnhof. Und ich sage bewusst unser Bahnhof und nicht der Bahnhof. Pro Coesfeld pocht auf die strikte Einhaltung der Auslobungsunterlagen zum damaligen Wettbewerb. Eigentlich sind hier noch sehr viele Fragen zu stellen, die aber meinen Zeitrahmen sprengen würden, nur eine vielleicht: Wie kann ein Gebäude, was 2015 noch Gegenstand der Planung war, in drei Jahren so marode werden, dass es abgerissen werden muss? CDU und SPD haben längst signalisiert, den bisherigen Entwürfen des Investors zum Neubau des Coesfelder Bahnhofes zuzustimmen. Damit raubt man dem Coesfelder Bürger wieder einmal einen Großteil seiner lokalen Identität.

Ich möchte Ihnen nun nicht noch mehr Zeit rauben und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Ach so ich vergaß: Wir lehnen den Haushaltsentwurf 2019 ab! Die Ablehnung des Haushaltes ist eine politische Entscheidung und keine Bewertung der geleisteten Arbeit des Kämmerers und seines Teams.

Uns allen wünsche ich ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes Neues Jahr.

(Es gilt das gesprochene Wort)